Konzert, Festival ,
Konzert
Gemeinsam mit Nina Golubovic bin ich dieses Jahr bei Simon Gutfleischs Gitarrenfestival für Jugendliche und Kinder dabei! Es wird wild: Ein Wochenende mit viel viel Gitarre, gemeinsamer Übernachtung, mit Proben, Workshops, Konzerten. Wir werden eine ziemliche Bandbreite an Gitarrenmusik präsentieren (mein Beitrag umfasst Musik für Gitarre und Elektronik), und mit den Teilnehmer*innen tolle Ensemblestücke einstudieren und aufführen.
Ich spiele ein Konzert mit Werken für Gitarre und Elektronik! Infos folgen, es wird aber toll!
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Hörbuch
Vincenzo Pocci hat in seinem 36th Katalog von 2021 über 60.000 Gitarrenwerke seit 1900 verzeichnet. Schon lange war es offensichtlich, dass in einer systematischen Auswertung des Katalogs nach Komponistinnen* große Chancen für die Sichtbarmachung und Recherchemöglichkeiten liegen würden. Im Oktober 2023 hat sich Jannis Wichmann dieser Aufgabe gewidmet und aus Pocci´s jahrelanger und mühevoller Arbeit einen "Catalog of female Composers" erstellt.
Über 2.400 Werke sind dort erfasst, sortiert nach Autorin unter Angabe von Titel, Verlag und Instrumentation. Er umfasst alle Werke, in denen Gitarre vorkommt, beschränkt sich also nicht nur auf Solo-Kompositionen. Zukünftig wird der Katalog um Werke des 19. Jahrhundert sowie Lebensdaten der Komponistinnen* ergänzt.
Weitere Informationen und der Katalog sind hier zu finden.
Siehe auch: Vincenzo Pocci
Über die Jahreswende 22/23 habe ich diese drei kleinen Werke von Lisanella Gentili in meinem Studio aufgenommen. Ich kenne diese Miniaturen schon sehr lange und spiele sie sehr gerne. Sie faszinieren mich, weil sie voller Farben sind und mit alten und neuen musikalischen Einflüssen und Ideen spielen. Und das auf sehr kleinem Raum.
Im Rahmen meiner Recherche zu Gitarristinnen des 19. und 20. Jahrhunderts hat mich die Tatsache, dass sich die Urheberschaft und der Entstehungskontext dieser Werke so vehement jedem Zugriff entziehen, immer wieder inspiriert und verärgert.
Auch nach sehr intensiven und immer neuen Recherchen in italienischen Musikzeitschriften und -magazinen zwischen 1890 und 1950 lässt sich kaum etwas über Lisanella Gentili herausfinden. Die drei Kompositionen wurden in den Jahren 1928 und 1929 in der italienischen Zeitschrift für Zupfinstrumente "Il Plettro" (Mailand) veröffentlicht. Das Impromptu ist der Pianistin Elsa Ferlazzo gewidmet, die nachweislich existierte und z.B. 1940 bei einem Klavierwettbewerb in Athen die Goldmedaille gewann. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind in Italien mehrere Musiker mit dem Nachnamen Gentili nachgewiesen. Wie auch immer. Der Ursprung der Werke liegt in der Zeit des italienischen Faschismus, und vielleicht gab es gute Gründe, mit dem eigenen Namen vorsichtig zu sein.
Gespielt wurden die Aufnahmen auf einer Gitarre von Mathias Simon aus dem Jahr 1906 (es ist nicht die Gitarre auf dem Cover). Das Instrument ist im romantischen Stil gebaut, es ist also eher klein, aber dennoch kraftvoll und melodiös.
"Guitaristic Cyborgs" ist der Projektname einer Recherche zu Werken für Gitarre und Elektronik mit besonderem Fokus auf Komponistinnen. Über 60 Werke wurden zusammengetragen, gesichtet, geordnet und Details recherchiert. Auf der Website https://guitarcyborgs.cargo.site/ sind diese Ergebnisse veröffentlicht.
Ziel ist es, einen schnellen Zugang zu Werken für Gitarre und Elektronik und zu Hintergrundinformationen und den Komponist*innen zu ermöglichen. In der Absicht, dass sich der Kanon/ das Repertoire der klassischen Gitarre noch mehr erweitern möge. Und das sich dieses wunderbare Außenseiterinstrument noch mehr mit dem 21. Jahrhundert verbindet.
Aus der Recherche ist auch ein Konzertformat hervorgegangen, das im August 2022 im PARKS erstmals präsentiert und von Katrin Bethge mit Overhead-Projektionen visuell begleitet wurde.
Der Live-Mitschnitt wurde als Album bei Bandcamp veröffentlicht.
https://janniswichmann.bandcamp.com/album/guitaristic-cyborx-works-for-guitar-and-electronics-live-recording
Danke an alle Beteiligten:
Katrin Bethge (Visuals)
Insa Kühlcke (Plakat)
Viola Maiwald (Kamera, Film)
Gulzat Matisakova (Kamera)
M1 Kollektiv (Technik, Aufbau, Transport, Alles)
PARKS (<3)
Ich habe im September 2022 im Rahmen des Projekts "polar sound" das Stück "polar (glow in the dark)" für Gitarre und Soundfile geschrieben. Das Projekt wurde von Stuart Fowkes im Jahr 2022 (Cities and Memory) in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut/Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung initiiert.
Musiker:innen waren eingeladen eine Komposition zu einem wissenschaftlichen Field Recordings aus dem Polareis zu schreiben / aufzunehmen und sich so künstlerisch mit den Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel in ihrer Disziplin auseinanderzusetzen.
Ursprünglich handelt es sich bei dem Field Recording um eine zweiminütige Aufnahme aus der Arktis von seismischen Airshots. In regelmäßigen Abständen von etwa 12 Sekunden sind diese tiefen Unterwasserexplosionen zu hören. Seismische Airshots werden zur Erkundung des Meeresbodens nach Öl- und Gasvorkommen eingesetzt. Die explosionsartigen Shots werden von Schiffen aus gesendet und und die Echos mit Hilfe von Unterwassermikrofonen ausgewertet. Nicht nur die Ausbeutung von Ressourcen, sondern auch die Suche nach ihnen hat zerstörerische Folgen für das Meeresleben.
Die Noten sind unter "Publikationen" zu finden. Für das Soundfile schreiben Sie mir gern eine eMail.
Das Soundfile wird unter folgenden Konditionen veröffentlicht:
CC-BY 4.0 Alfred Wegener Institute, Helmholtz Center for Polar and Marine Research 2022.
Als Teil von "Finn & das Unsortierte Orchester" war ich 2013 in ganz Deutschland auf Tour. Zusammen mit dem preisgekrönten Schriftsteller Finn-Ole Heinrich hatten wir ein Programm zusammengestrickt, das alles war: Lesung, Konzert, Installation, Performance, Sägehandwerk & eine Prise Karneval. Ein Programm, das in die Beine ging, das Spaß machte und betroffen, das Ohren, Augen und Hüften kitzelte, bei dem Bonbons flogen und das trotzdem alles andere als seicht und leicht war. Ein Programm, das unter die Haut ging und an den richtigen Stellen weh tat. Ernst und witzig. Tragisch und komisch. Unsortiert und aufgeräumt.
Jetzt, fast zehn Jahre später, nachdem sich alle professionell weiter unsortiert haben, geht es endlich in die zweite Runde. Wir sind im Wald und fangen Vögelstimmen ein, umzingeln den Reuber, üben luffuddern und kommen gegen Herbst 23 zurück in die Zivilisation. Mit neuen Tracks, neuem Programm, gewohnt unsortiert und schlecht frisiert.
Auf dem Album treffen Werke von 5 großartigen und teils unbekannten Komponist*innen auf Aufnahmen besonderer Orte und versteckter Alltagsgeräusche. Jede Komposition bekommt dabei ein eigenes Field Recording vorangestellt.
Das Album "Field Recordings #Guitarworks" wurde im November 2021 veröffentlicht und im Rahmen eines CD-Release-Konzerts bei den Hamburger Gitarrentagen der Öffentlichkeit präsentiert, und in der AKUSTIK GITARRE rezensiert rezension.pdf.
Bereits durch die Werkauswahl ist der musikalische Bogen weit gespannt: Von den Traumsequenzen und Zuständen der Schlaflosigkeit in Benjamin Brittens Nocturnal. Zu Frangiz Ali-zade´s Fantasie, in der aserbaidschanische Volksmusik und spanische Gitarre in gegenseitigem Respekt fusionieren. Über das zerbrechliche und expressive Méralo von Leni Alexander, dem angehört werden kann, dass es für sie nach Ausschwitz keine schöne Musik mehr geben wird. Dann das abgrundtiefe und doch leichtfüßige Tides of a current flowing, in dem Vivienne Olive ein Gedicht von Walt Whitman vertont und die Fragen menschlicher Existenz aufwirft. Bis hin zu einer Hommage an die japanische Kugo-Harfe vom Komponisten der ersten Godzilla-Filme - Akira Ifukube -, bei dem sich abermals östliche und westliche Musiktradition die Hand reichen.
Jede Komposition wird - live und auf dem Album - durch ein eigenes Field Recording eingeleitet. Wenn Sie wissen wollen, was sich hinter den Klängen verbirgt und warum diese Zuordnung getroffen wurde, dann scrollen Sie bitte ganz nach unten.
Die CD-Herstellung wurde über ein erfolgreiches Crowdfunding finanziert. startnext.com/gitarre-fieldrecordings.
Möchten Sie eine CD kaufen, schreiben Sie mir eine eMail, unterstützen Sie das Label "Ears Love Music" oder den Vertrieb indem Sie dort bestellen.
Das CD-Projekt wurde gefördert von der Claussen-Simon-Stiftung.
Ohne die Unterstützung vieler verschiedener Menschen gäbe es dieses Projekt nicht.
Danke vor allem an:
Jana Beckmann, Finn-Ole Heinrich, Gregor Henning und das Studio Nord Bremen, Lennart Jäger, Insa Kühlcke-Schmoldt, Marf Mabo, Viola Maiwald, Joël Vuik, Rica Zinn, die Unterstützer*innen und Beteiligten des Crowdfundings, den Denkort Bunker Valentin und die MS Stubnitz. Ein besonderer Dank an die Claussen-Simon-Stiftung und Christian Moritz sowie an Prof. Jens Wagner und Pia Gazarek Offermann für die langjährige Unterstützung.
Field Recordings #Guitar Works
Jannis Wichmann
Aufgenommen und produziert im
Studio Nord Bremen.
Gitarre: Jannis Wichmann
Aufnahme/Mix: Lennart Jäger
Mix/Mastering: Gregor Hennig
Grafik: Insa Kühlcke-Schmoldt (Káschem Büro), Fotografie: Viola Maiwald
Field Recording I:
Der Hamburger Winter 2020 war ausnahmsweise so kalt, dass die Kanäle und Nebenarme der Elbe zugefroren waren. An einer Stelle in Wilhelmsburg habe ich mit verschiedenen Aufnahmesettings experimentiert und dabei sehr schöne Klänge entdeckt, die mit dem bloßen Ohr nicht wahrzunehmen sind. Das Field Recording I entstand, indem ich kleine, hochempfindliche Lavaliermikrofone auf die Eisplatten gelegt habe. Aufkommender Wind drückte die Eisplatten ans Ufer, so das sie knirschend und quietschend aneinander rieben. Der Wind hat außerdem Sträucher und Holzreste über die Eisplatten gefegt, und auch ein Rudel Möwen trägt das ihre dazu bei, das Album geheimnisvoll und etwas düster zu eröffnen.
Field Recording II:
"Tides of a current flowing" ist für mich von je her ein Unterwasser und Nachtstück. Die Komposition bezieht sich auf ein Gedicht von Walt Whitman, wo eine nächtliche Situation beschrieben wird, in der eine Person beim Blick in die Wolken und angeregt durch die Natur über die großen Fragen des Lebens nachdenkt. Eigentlich habe ich ein Field Recording gesucht, dass dieses Thema auf eine globale Ebene bringt und die Ausbeutung des Planeten thematisiert. Das jetzige Field Recording dagegen ist eher wie ein Zoom in den Körper. Wir hören einen unregelmäßigen Herzschlag, es erklingen allerlei Wassergeräusche. Die Aufnahmen entstanden an einem Ponton, mit zwei Hydrophonen (Unterwassermikrofonen) und einem Kontaktmikrofon.
Field Recording III:
Akira Ifukube, zu dessen Werk "Kugoka" dieses Field Recording die Überleitung bildet, war nicht nur ausgesprochen erfolgreicher Komponist sondern auch Förster. Nicht nur aus diesem Grund habe ich versucht, aus der Perspektive eines Baumes aufzunehmen. "Kugoka" ist eine Hommage an die Kugo-Harfe, die vor vielen hundert Jahren aus Westasien kommend Japan erreichte und dort in einem Museum von Ifukube besichtigt wurde. Die Frage, die beim Spielen von der Komposition mitschwingt, war bei mir immer: Was hinterlassen wir den nächsten Generationen? Auch aus diesem Grund geht dieses Field Recording auf eine abenteuerliche Situation mit zwei Kleinmembran-Mikrofonen in einer Baumkrone zurück.
Field Recording IV:
Die Musik Leni Alexanders ist ein absoluter Bruch. Die Musik soll nicht schön sein, sie soll nicht leicht sein, sie soll nicht unterhalten. Sie soll aufrütteln, sie sucht die Konfrontation, sie stellt klar: Nach Ausschwitz kann es keine schöne Musik mehr geben. Trotzdem kann sie möglicherweise genossen werden. Und um sie als die Erlösung zu verstehen, die Neue Musik eigentlich sein möchte (oder könnte?), habe ich versucht ein Field Recording zu finden, das dem Ohr viel zumutet. Das Ziel war es, etwas aufzunehmen, bei dem ein Material an seine Grenzen gefordert und strapaziert wird, Geräusche, die leiden, anstrengend und fordernd sind, die jede:r normale User:in auf Spotify sofort skippen möchte. Das darauf folgende Meralo wirkt dann dagegen ruhig, atmosphärisch und es ist Platz, um auch die Stille zwischen den Gitarrenklängen zu atmen.
Das Field Recording entstand mit mehreren Kontaktmikros und einem Geofon an den Landungsbrücken.
Field Recording V:
Das Field Recording entstand im Gedenkort Bunker Valentin. Ein brutaler, monströser und scheinbar unzerstörbarer Bau der Nazis, die versucht haben, dort serienmäßig U-Boote herzustellen. Als ich den Ort für die Aufnahmen besuchte, regnete es draußen schon nicht mehr. Drinnen allerdings tropfte es überall auf die unterschiedlichsten Oberflächen (Wasser, Schutt, Beton, Erde, Metall). Das "Nocturnal" ist für mich ein dystopisches Nachtstück, das alptraumhafte und schlaflose Zustände darstellt und das eine sehr fragwürdige Erlösung im "heavy sleep" findet.
Mit der Gegenüberstellung möchte ich neben vielen verschiedenen möglichen Interpretationen auch eine klare Haltung formulieren: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Die Website "gitarre-gendern" ist ein offenes Projekt, initiiert von Hannah Lindmaier und mir. Im Mittelpunkt stehen Werke für Klassische Gitarre von Komponistinnen und die Tatsache, dass sich der Unterrichts- und Konzertkanon noch immer (fast) ausschließlich aus männlichen Komponisten zusammensetzt.
"gitarre-gendern.de" versteht sich als kollaboratives Work in Progress: Interessierte Gitarrist:innen, Gitarrenlehrer:innen und Forschende sind herzlich eingeladen, zu der Website beizutragen – in Form von Textbeiträgen in den entsprechenden Rubriken, mit relevanten Links und anderen (Vernetzungs-)ideen.
Schreiben Sie gerne an:
wichmann@gitarre-gendern.de
Hannah Lindmaier arbeitet seit 2015 als Universitätsassistentin am Institut für musikpädagogische Forschung, Musikdidaktik und Elementares Musizieren der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und promoviert in Instrumentalpädagogik. Zuvor unterrichtete sie klassische Gitarre an verschiedenen Musikschulen in Nordrhein-Westfalen und arbeitete als freie Musikjournalistin für den WDR. Als Gitarristin ist sie an vielfältigen Kammermusikprojekten beteiligt. Sie studierte Instrumentalpädagogik und Konzertfach Gitarre sowie Musikwissenschaft in Wien, Detmold und Köln.
Gefördert von der Claussen-Simon-Stiftung.
Planet Anarres ist eine Kollaboration von Marf Mabo (Kamera/Schnitt), Rica Zinn (Klangregie), Gloria Höckner (Tanz), Jannis Wichmann (Gitarre) und Paula Linke (Kostüm). Ursprünglich zu einer Live-Performance im Rahmen der Ausstellung „Der Cheerleader-Effekt“ von Paula Linke eingeladen, entwickelte das transdisziplinäre Team aufgrund von Covid-19 einen Film. Darin werden Abhängigkeitsverhältnisse von organischen und technologischen Strukturen untersucht und mit dem Verhältnis von Körper und Klang, sowie Körper und Objekt gespielt. Der durch das Objekt/Kostüm technologisch erweiterte Körper triggert Klangereignisse, wird Hybrid zwischen Instrument und Akteur*in. Bewegung und Klang verschmelzen in einem Duett mit den experimentellen Soundscapes, bilden ein Trio mit der Kamera.
Der Titel der Arbeit verweist auf Ursula K. Le Guin, die feministische Autorin des utopischen Romans "Planet der Habenichtse“. Darin beschreibt sie eine anarchistische, nicht-patriarchale Gesellschaft auf dem kargen Planeten Anarres und das kapitalistische Gegenstück auf dem Schwester-Planeten Urras. Das naturnahe, fast naive Gedicht „Whispers of heavenly death“ von Walt Whitman, die davon inspirierte Komposition für Gitarre „Tides of a current flowing“ von Vivienne Olive und die Wassermühle Trittau als Schauplatz eines vergangenen Jahrhunderts werden zum Hintergrund, vor dem sich die Kollaborateur*innen gemeinsame ästhetische Räume erschließen.
Tanz - Gloria Höckner gloriahoeckner.net
Film - Marf Mabo marf.at
Kostüm - Paula Linke paulalinke.com
Klangregie - Rica Zinn
Stimme - Finn Ole Heinrich
Zur Ausstellung "Der Cheerleader-Effekt" von Paula Linke - Galerie Wassermühle Trittau
CN / Trigger Warnung: sexualisierte Gewalt
Durch den "Was zählt!"-Fonds für Kunstschaffende der Claussen-Simon-Stiftung erhielt ich gemeinsam mit der Sopranistin Marie Sophie Richter die Möglichkeit, mehrere Monate zur Konzeption eines "kritischen Liederabends" zu recherchieren. "Kritisch" bezieht sich dabei auf die häufig in unserem Repertoire transportierten Inhalte: sexistische Formulierungen, Nationalismus, völkische Ideen, Antiziganismus und viele weitere grenzüberschreitende und diskriminierende Formulierungen oder Kontexte werden bei der Aufführung mitvermittelt. Als Interpret*in stehen und standen wir immer wieder vor der Herausforderung, auf der Bühne Werke zu interpretieren, mit deren Kontext wir uns nicht identifizieren können.
Im Laufe der Recherche entschieden wir uns, ein in unseren Augen besonders problematisches Lied von John Dowland neuvertonen zu lassen. Der Text beschreibt mehr oder weniger deutlich eine Vergewaltigungsszene, die Musik dazu ist eher beschwingt und leicht. Die amerikanische Komponistin Kimberley Osberg vertonte die Szene so, dass die Musik nicht die Perspektive des Täters, sondern der betroffenen Frau einnimmt.
Unser Konzertprogramm ist derzeit in Arbeit und wird vorrausichtlich Ende 2021 zur Aufführung gelangen.
Ein Beitrag zu unserer Auftragskomposition bei Kimberley Osberg ist auf ihrem Blog erschienen, er beschreibt sehr ausführlich ihre Kompositionstechniken und das Ergebnis:
kimberlyosberg.com/blog/project-12-thinkst-thou-then-by-thy-feigning-guitar-knowledge
Einen Bericht zu unserem Recherche-Projekt haben wir auf der Seite der Claussen-Simon-Stiftung veröffentlicht: claussen-simon-stiftung.de/de/blog/das-lied-kann-ja-nichts-dafuer
Gefördert von der Claussen-Simon-Stiftung.
Mit der Multimedia-Künstlerin und Musikerin Rica Zinn habe ich im Februar 2020 "That Dazzling Light" ins Leben gerufen, ein Konzertformat aus Licht und Klang, aus Live-Visuals und Konzertgitarre.
Rica Zinn programmiert Patches, die selbständig auf Audiosignale reagieren. So werden Pixel-Wolken durch die Frequenzen der Musik angeregt und beginnen sich in Wirbeln zur Musik zu bewegen. Verzerrungen, Glitches und analoge Videoästhetik treffen auf anspruchsvolle, ausdrucksstarke und virtuose Gitarrenmusik.
Ein erster Zwischenstand wurde durch die Kulturstiftung im Rahmen von "Kunst kennt keinen Shutdown" gefördert .
Auf dem Debüt-Album "Konfrontation" ist der Titel Programm. Vier sehr unterschiedliche Werke stehen sich in starken Kontrasten gegenüber und spannen einen weiten Bogen um den musikalischen Globus des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum des Albums steht "Konfrontation" von Wolfgang Bartsch – in dem titelgebenden Werk für präparierte Gitarre prallen glockenartige Klangwelten und perkussive, nasale Rhythmen aufeinander. Aber auch in den anderen Werken ist der Clash schon angelegt: Impressionismus trifft auf mexikanische Folklore (Sonate III), anatolische Musik erklingt durch den Filter eines westlichen Instruments und Komponisten (Koyunbaba), die Kathedrale in Montevideo und der Trubel der Stadt stehen sich als gegensätzliche Inspirationen gegenüber (Catedral).
Zwischen den Gitarrenwerken kann den Aufnahmen einer Marokkoreise gelauscht werden, die zugleich Ruhepunkte und Überleitungen zwischen den Kompositionen sind: ein Brunnen voller Frösche in der Nähe eines Erntefests, singende Kanarienvögel an einer belebten Hauptstraße, improvisierende Straßenmusiker in Casablanca und den sich brechenden Wellen an der Hassan II. Moschee.
"Konfrontation" erschien 2019 bei Aliso Records (Bremen).
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10:28
Wolfgang Bartsch - Konfrontation
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15:32
Carlo Domeniconi - Koyunbaba
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16:01
Manuel M. Ponce - Sonate III
"Ein Leben auf der Suche nach Liebe und auf der Flucht vor der Einsamkeit. Kerassa ist 17 Jahre alt, als eine Ehe ihren Lauf nimmt, die mit einer Entführung beginnt und in der Psychiatrie endet. Trotz allem bleibt die Sehnsucht: Jemanden zu finden und nicht alleine zu sein."
Für den Dokumentarfilm "Drama" von Viola Maiwald, Felix Burchardt & Malte Radtki habe ich im Winter 2017/18 die Musik komponiert und produziert.
Mit tiefen Bässen, perlenden Zerlegungen und flirrenden Flagoletts zeichnet die Gitarrenmusik die Erinnerungen von Kerassa nach. Irgendwo zwischen Realität und Traum, Aufbruch und Ende, Abgrund und Zuversicht. Um den Bildern, der besonderen Stimme Kerassas und ihrer Geschichte näher zu kommen, wurden die Gitarrensaiten teilweise umgestimmt. So entstand der eröffnende Akkord – ein Klang ohne Boden, schwebend, anklagend und fast wie eine Hilferuf.
"Drama" wurde für das Lumix-Festival 2018 ausgewählt, gewann den Publikumspreis beim 13° Festival und erhielt Bronze beim 73. College Photographer of the Year in der Kategorie "Multimedia-Group Story or Essay".
Das Hörbuch zu Finn-Ole Heinrichs Coming-of-Age Roman "Räuberhände" erschien 2013 im Mairisch Verlag. Die einnehmende Stimme Finn Ole Heinrichs und der gebrochene, "roughe" Soundtrack aus Field Recordings, elektronischen Klängen und verfremdeten Instrumenten von mir, bilden eine fesselnde Einheit.
"In seiner klaren, sehr eigenen Sprache beschreibt Finn-Ole Heinrich die schwierige Zeit des Erwachsenwerdens als die Geschichte einer großen Suche: nach dem, was Freundschaft ausmacht, nach Liebe, nach Heimat, nach Sicherheit und Identität. Der Erzähler nimmt uns mit auf eine Reise, die manchmal schmerzt, aber immer berührt" (Mairisch Verlag).
“Ein tolles Hörerlebnis, das Finn-Ole Heinrichs hervorragendem Vortrag und einer virtuosen Musik- und Geräuschbegleitung zu danken ist!“ - NDR Kulturtipp
“Dies alles verpackt Finn-Ole Heinrich in einen schlichten Erzählton. Erst nach und nach werden die Zusammenhänge klar. Die Musik, manchmal nur ein Ton oder ein Geräusch, gibt den passenden Soundtrack zu diesem Leben, das irgendwie auf der Suche ist” - SWR 2